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AutorenbildHans-Peter Holbach

Februar 2023


Weder die Koalitionen im Bundes-Berlin (SPD, Grüne, FDP) noch im Land Berlin (Rot-Grün-Rot) sind von den Wählern gewählt worden. Koalitionen werden von den Parlamenten bestimmt oder geduldet. Wie lange halten die von den Wählern nicht direkt gewählten Koalitionen? Solange die Akteure zusammenhalten wollen.


Freuen Sie sich also nicht zu früh, wenn eine Koalition zerbricht. Es kommt dann eine andere Koalition. Die Akteure wechseln. Die Bürokratie bleibt…


Die Wiederholung der Berliner Landtagswahl bescherte der CDU zwar einen deutlichen Stimmengewinn, doch für einen Wahlsieg im Sinne eines Regierungswechsels dürfte es kaum reichen. Zu groß ist der Wunsch von SPD, Grünen und Linkspartei nach einer Fortsetzung ihres Regierungsbündnisses, letztlich unabhängig vom Wählerwillen. Und dafür wird es rein zahlenmäßig reichen. Zwar möchte die CDU sowohl mit der SPD als auch den Grünen sprechen (mit beiden, jeweils für sich alleine, wäre eine Regierungsbildung möglich), und die Ergebnisse bleiben abzuwarten. Allzu viel Hoffnung macht man sich aber selbst bei den Christdemokraten schon lange nicht mehr...

Bei der Wiederholungswahl am vorvergangenen Sonntag stellten die Berliner Wähler der SPD jedenfalls eine deutliche Quittung dafür aus, daß sie sich allein um des Machterhalts willen über rund zwei Jahrzehnte hinweg der SED-Nachfolgeorganisation Linkspartei und den sich in Berlin in weiten Teilen fast radikal gebenden Grünen immer wieder angedient hatte. Jetzt haben es die Sozialdemokraten in der Hand zu entscheiden, ob die Bundeshauptstadt noch länger ein Exerzierplatz grün-linker Politik bleibt oder nicht. Ob die Sachpolitik so von links-grüner Ideologie dominiert wird, daß Berlin in vielen Bereichen (z.B. Kriminalität, Aufklärungsquoten, Bildungsangebote, Finanzen) Schlusslicht bleibt. Allzu viel Hoffnung sollte man sich nicht machen. Die im September 2021 gründlich in die Hose gegangene Landtagswahl war und ist letztlich nur mit Zuständen in Bananenrepubliken zu vergleichen. Damals fehlten in vielen Wahllokalen die erforderlichen Stimmzettel oder man hatte sie vertauscht. Während der Wahlzeit bildeten sich teilweise lange Schlangen und in vielen Wahllokalen wurden verbotenerweise auch noch nach 18 Uhr (als die ersten Wahlprognosen veröffentlicht werden durften) Stimmen abgegeben. Jetzt waren Wahlbeobachter des Europarats zugegen, nach deren Aussage es nunmehr keine gravierenden Probleme gegeben habe. Jetzt bleibt nur noch abzuwarten, ob in 431 Berliner Wahlbezirken auch noch die Abstimmung der seinerzeit zeitgleichen Bundestagswahl wiederholt werden muß. Der Bundestag hat dies im November bereits beschlossen, es gibt aber gegen diese Entscheidung noch Beschwerden vor dem Bundesverfassungsgericht. Sollte es zur Wahlwiederholung kommen, stände für die Linkspartei nämlich deren Verbleib im Bundestag auf dem Spiel. Denn weil sie nicht über die 5%-Hürde kam, durfte sie nur deshalb in Fraktionsstärke in das Parlament einziehen, weil drei ihrer Kandidaten Direktmandate errangen, und zwei davon eben in Berlin. Mit den Direktmandaten stünde für die SED-Folgeorganisation deshalb dann auch der Verbleib im Bundestag auf dem Spiel. Wie in Bananenrepubliken wird auch der „ganz normale deutsche Wahnsinn“ mit einem regelrechten Wortschwall begleitet. Vorbei sind die Zeiten der Zehn Gebote (179 Worte) oder der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, die sich mit 300 Worten begnügt. „Spitzenprodukte“ deutscher Bürokraten (wie z.B. der § 19a des Einkommensteuergesetzes, in welchem die steuerliche Behandlung der Vermögensbeteiligung von Arbeitnehmern geregelt wird) haben jetzt mehr als 1800 Worte. Wohlverstanden, es ist der einzelne Paragraph gemeint und nicht etwa das ganze Gesetz. Und der Bürokratie-Irrsinn schreitet voran. Die Ampel-Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP schuf seit ihrem Amtsantritt im Dezember 2021 mehr als 10 000 neue Stellen im Kanzleramt, den Bundesministerien und Bundesbehörden. Hoch waren auch die bisherigen Ausgaben für die Schönheit und die Präsentation mancher „Spitzen“-Politiker: Bundesaußenministerin Annalena Baerbock gab im Jahr 2022 annähernd 140 000 € Steuergelder für Kosmetik und Kosmetikerinnen aus. Ihr grüner Parteifreund und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck warf annähernd 100 000 € für Fotographen und Visagisten aus dem Fenster, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) brauchte 40 000 € für einen Visagisten und noch einmal 500 000 (!) für professionelle Fotografen-Begleitung. Löblich sparsam war dagegen Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) mit nicht einmal 700 € für einige Fotos. Währenddessen verlassen frühere und aktuelle Vorzeigeunternehmen gleich reihenweise unser Land, weil sie sich durch die deutsche Bürokratie und deren Vorschriftenwahn zunehmend behindert fühlen. Doch nimmt man dies in Politik und Medien mit Sorge zur Kenntnis? Mehrheitlich eher nicht. Man wähnt unser Land noch immer auf den internationalen Spitzenplätzen, u.a. bei der Innovationskraft. Doch tatsächlich ist Deutschland längst nur noch dann „Spitze“ (dies aber sehr deutlich . . .!), wenn es z.B. um die Sozialbetreuung geht – und das weiß man in manchen anderen Ländern leider nur zu genau! (tb)





Künstliche Intelligenz


Die Software ChatGPT verfasst Texte täuschend echt wie ein Mensch. Die Sorge wächst, dass damit Betrug und Fakenews Tür und Tor geöffnet werden. Doch hierfür wollen die Entwickler eine Lösung präsentieren.


Die Macher der schreibenden Software ChatGPT versuchen nun, die Folgen ihrer Erfindung in den Griff zu bekommen. Die Entwicklerfirma OpenAI veröffentlichte ein Programm, das unterscheiden soll, ob ein Text von einem Menschen oder einem Computer geschrieben wurde. ChatGPT kann menschliche Sprache so gut nachahmen, dass es unter anderem Sorgen gibt, damit könnte bei Schul- und Studienarbeiten geschummelt oder im grossen Stil Desinformations-Kampagnen erstellt werden. Noch funktioniert die Erkennung eher mittelmässig, wie OpenAI in einem Blogeintrag am Dienstag einräumte. In Testläufen habe die Software in 26 Prozent der Fälle korrekt von einem Computer geschriebene Texte identifiziert. Zugleich seien aber auch neun Prozent der von Menschen formulierten Texte fälschlicherweise einer Maschine zugeordnet worden. Deshalb empfehle man vorerst, sich bei der Bewertung der Texte nicht hauptsächlich auf die Einschätzung des «Classifiers» zu verlassen.


ChatGPT ist eine Software auf Basis künstlicher Intelligenz, die auf gewaltigen Mengen von Texten und Daten trainiert wurde, menschliche Sprache nachzuahmen. Zugleich kann das Programm überzeugend völlig falsche Angaben zwischen korrekte Informationen mischen. OpenAI machte ChatGPT im vergangenen Jahr öffentlich zugänglich und sorgte damit für Bewunderung der Fähigkeiten der Software und für die Sorge vor Betrug.


Google entwickelt ebenfalls seit Jahren Software, die wie ein Mensch schreiben und sprechen kann, sah bisher aber von einer Veröffentlichung ab. Nun lasse der Internet-Konzern aber Mitarbeiter einen Chatbot testen, der ähnlich wie ChatGPT funktioniere, berichtete der Sender CNBC in der Nacht zum Mittwoch. In einer internen E-Mail heisse es, dass eine Antwort auf ChatGPT Priorität habe. Google experimentiere auch mit einer Version seiner Internet-Suchmaschine, die mit Fragen und Antworten arbeite.


Zusatzinformation von Hans-Peter Holbach, bereits gesandt an die Geldbrief-Abonnenten:


Sie können Ihren Computer kaputt schlagen, die Entwicklung können Sie jedoch nicht aufhalten! Wir sprechen von der Künstlichen Intelligenz, kurz KI genannt.


Es wird nicht mehr lange dauern, dann wird uns die KI am Gesicht und auch an der Stimme erkennen. Uns alle. Nur paar Worte, und jedermann wird auf seinem Handy sehen können, wem diese Stimme «gehört». Sie sehen jemanden auf der Strasse. Sie brauchen nur sein Gesicht zu fotografieren – und sofort werden Sie «alles» über diese Person erfahren können. Also nicht nur die Polizei oder andere Behörden, sondern auch Sie. Das alles (und vieles mehr) wird die Künstliche Intelligenz können.


Jemand der das alles weiss, ist der Rechtsanwalt Peter Hense.


Ich fragte ihn anlässlich der Veranstaltung «Künstliche Intelligenz – Fluch oder Segen?» am 24. Januar 2023 in Triesen, ob die Künstliche Intelligenz auch bei Kapitalanlagen zum Einsatz kommen werde. Seine Antwort: «Es wird auf historischen Daten aufgebaut.» Also kann man als Kapitalanleger, Bank oder Vermögensverwalter seine Verantwortung erfolgreich abgeben? Ich halte diesen Ansatz für falsch – bis zum Beweis des Gegenteils.


Allerdings sind schon einige Banken auf den Zug aufgesprungen und bieten Fonds und eine Vermögensverwaltung auf KI-Basis an. Bestimmt nicht ohne Hintergedanken. «Dank» der KI wird es viele Umschichtungen geben, und daran ist bekanntlich für die Finanzindustrie viel und vor allem intransparent zu verdienen…


Übrigens: Sie war zunächst skeptisch. Aber dann hat sie sich doch die Begrüssungsrede von der Künstlichen Intelligenz schreiben lassen. Fehlerfrei. Frau Dr. Marie-Louise Gächter-Alge brauchte den Text nur vorzulesen. Und in Zukunft wird es sogar der Computer in ihrer eigenen Stimme können…


Gute Zeiten ahead? Ich befürchte: Viele werden verblöden! Wir verlernen zu denken…


Sollen Bankdarlehen vor der vertraglich vereinbarten End-Fälligkeit getilgt werden, berechnen Banken regelmäßig eine Vorfälligkeitsentschädigung für die entgangenen Zinsen. Einige Banken haben in den letzten Jahren bereits für die Berechnung dieser Vorfälligkeitsentschädigung Gebühren verlangt. Diese Gebühren waren zum Teil unabhängig davon fällig, ob das Darlehen dann tatsächlich vorzeitig getilgt wurde und sie wurden auch bei Tilgung nicht verrechnet. * Hiergegen klagte ein Darlehensnehmer, dessen Bank für die Berechnung 100 Euro verlangte. Er hielt die Klausel im Preisverzeichnis für unwirksam. Die Richter des Oberlandesgerichtes Frankfurt am Main bestätigten seine Meinung (Az.: 17 U 132/21). Die Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung sei komplex und daher von einem durchschnittlichen Verbraucher schwer nachzuvollziehen. Für eine Bank über die vorhandenen Computerprogramme aber ohne großen Aufwand zu erstellen. Die Berechnung stelle daher keine Sonderleistung dar, die in Rechnung gestellt werden darf. Dass mit der Berechnung ein Verwaltungsaufwand einhergehe, habe die Bank zu akzeptieren.



„Dividends make life suck less“ oder auch „Dividende gut, alles gut.“ Nicht wenige Anleger schwören auf diese Anlagestrategie und machen Jagd nach den höchsten Gewinnausschüttungen der Aktiengesellschaften. Doch trotz einer Rekordsumme von 55 Milliarden Euro, welche die 40 DAX-Unternehmen in diesem Jahr an ihre Aktionäre auszahlen wollen, gilt: Entwickelt sich der Aktienkurs schlecht, ist die Dividendenrendite schnell aufgefressen.



Trade Republic ist mit fünf Milliarden Euro das derzeit am höchsten bewertete Startup in Deutschland. Ein Unicorn.


Mehr als eine Million Kunden, 700 Mitarbeiter. Die Aktien-Plattform zielt auf junge Menschen, die mit drei Klicks einfache Fonds-Sparpläne abschließen – oder eben selbst mit Aktien und ETFs handeln können.


Die drohende Rentenlücke für die junge Generation ist der Markt für die Berliner Gründer. Sie werden vom größten Pensionsfonds der Welt, dem Ex-Facebook-Investor Peter Thiel und dem Silicon Valley-Investor Sequoia Capital finanziert. Der studierte Philosoph Christian Hecker ist Gründer des Unicorns.



Immer höhere Zinsen: Welche 3 Fehler Du jetzt nicht machen solltest


Im August 2022 waren 0,5% Zinsen p. a. aufs Tagesgeld noch der Bestwert unserer Empfehlungen – und 0,0% der Normalfall. Seitdem ist es stetig bergauf gegangen, mittlerweile bekommen Neukunden bei unseren Empfehlungen 2,3% p. a.

Aber: Wir raten Dir, erstmal ruhig zu bleiben und systematisch die besten Zinsen zu suchen. Sonst könnten Dir drei Fehler unterlaufen:


Fehler 1: Das Tagesgeld als einzige Geldanlage nutzen


Klar, 2,3% p. a. sind besser als gar keine Zinsen. Trotzdem solltest Du auf einem Tagesgeldkonto nicht all Dein Geld anlegen. Es ist ein idealer Parkplatz für Deinen Notgroschen und für Geld, das Du absehbar brauchen wirst. Für langfristiges Sparen oder die Altersvorsorge sind die Zinsen trotzdem viel zu niedrig.


Fehler 2: Das Festgeld vergessen


Für etwas größere geplante Ausgaben solltest Du auch ans Festgeld denken und dort einen Teil Deiner Ersparnisse anlegen. Dann hast Du zwar mittelfristig keinen Zugriff darauf, bekommst dafür aber höhere Zinsen. Momentan sind über zwölf Monate 3% p. a. Damit kannst Du z. B. für einen geplanten Autokauf oder ein neues Sofa sparen – oder einen Grundstock für eine Baufinanzierung schaffen.


Zu lange solltest Du Dein Geld hier aber nicht fest anlegen. Denn die Zinsen dürften – Stand heute – weiter steigen. Binde Dich also nicht zu lang an eine Bank. So kannst Du Dir im Anschluss gleich wieder einen höheren Zinssatz sichern. Sei außerdem bei sehr hohen Zinsen vorsichtig, dahinter stecken oft höhere Risiken oder sogar Betrug. Und denk dran: Langfristig reicht auch Festgeld nicht für den Vermögensaufbau, es ist nur eine Ergänzung zum Tagesgeld und Deinem ETF-Sparplan.


Fehler 3: Den Realzins vergessen


Egal ob Tagesgeld, Festgeld oder Girokonto: Ist Dein Realzins negativ, also liegt der Zinssatz unter der Inflationsrate, schrumpft Dein Geld trotzdem. Im Dezember 2022 lag die Inflation in Deutschland bei 8,6% und damit deutlich über den 3% p. a., die Du aktuell aufs Festgeld über zwölf Monate bekommst.


Um die Inflation zu schlagen, solltest Du neben Tages- und Festgeld langfristig auf ETFs setzen. Damit hast Du eine echte Chance auf Rendite, bei überschaubarem Risiko. Investierst Du über 15 Jahre in ETFs auf den MSCI World, waren seit 1975 durchschnittlich rund 8% Rendite p. a. drin – womit Dein Vermögen sehr wahrscheinlich gut vor der Inflation geschützt ist.


Zusatzinformation von Hans-Peter Holbach:


Exklusiv im Geldbrief steht das Depot für ETFs - die optimale Anlage für jeden Investitionsbetrag.



In Deutschland ist wieder mehr Falschgeld im Umlauf. Die Deutsche Bundesbank hat im Jahr 2022 rund 44.100 falsche Euro-Banknoten im Nennwert von 2,7 Millionen Euro im deutschen Zahlungsverkehr registriert, 5,2 Prozent mehr als im Vorjahr. „Dies dürfte daran liegen, dass die Corona-Einschränkungen der beiden Vorjahre größtenteils aufgehoben wurden und Volksfeste oder Weihnachtsmärkte wieder stattfanden, wo überwiegend mit Bargeld bezahlt wird“, sagte Burkhard Balz, das für Bargeld zuständige Mitglied im Bundesbank-Vorstand, am Montag. Insgesamt bleibe das Falschgeldaufkommen jedoch weiter „sehr niedrig“. Rein rechnerisch entfielen 2022 fünf falsche Banknoten auf 10.000 Einwohner. Die Zahl der Fälschungen lag im zweiten Halbjahr 2022 mit rund 24.400 Stück höher als im ersten Halbjahr (19.800 Stück). Den größten Anteil nahmen wie in den Vorjahren relativ leicht erkennbare Fälschungen mit dem Aufdruck „MovieMoney“ oder „Prop copy“ ein. Diese Noten weisen keinerlei Sicherheitsmerkmale auf. 41 Prozent aller Blüten sind 50-Euro-Scheine, 28 Prozent 20-Euro-Scheine, dahinter folgen die Nennwerte 100 Euro (12 Prozent), 10 Euro (9 Prozent) und 200 Euro (5 Prozent). 5-Euro-Scheine und die offiziell gar nicht mehr ausgegeben 500-Euro-Scheine haben jeweils nur zwei Prozent Anteil an den Fälschungen auf Papier. Auch bei den Münzen geht die Zahl der Fälschungen wieder hoch: Im Jahr 2022 wurden rund 73.400 falsche Münzen im deutschen Zahlungsverkehr festgestellt, im Vorjahr lag das Aufkommen noch bei rund 41.100 Stück. Damit entfielen in Deutschland rechnerisch neun falsche Münzen auf 10.000 Einwohner. Wolfgang Zehrt


Inflation sinkt leicht - die Geldpolitik bleibt straff


Ökonomen schauen auf die Kerninflation, weil sie zeigt, inwieweit Unternehmen die Teuerung an die Verbraucher weitergeben. Auch der Internationale Währungsfonds hatte in seiner jüngsten Konjunkturprognose betont, dass die Zentralbanken trotz erster Erfolge in ihrem Kampf gegen die hohen Verbraucherpreise nicht nachlassen dürften. Die Schlacht sei noch nicht gewonnen.


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Immer mehr Riester-Sparer gehen in den Ruhestand. Viele sind enttäuscht über die Höhe der ausgezahlten Rente und kündigen den Vertrag. Andreas Jalsovec




Amazon.com ist eine alte Hassliebe für mich. Als die Website 1998 aufkam, kaufte ich dort eifrig Bücher, begeistert von der guten Benutzerführung. Doch die Aktien der profitlosen Firma waren mir ein Gräuel, obwohl sie während der damaligen Techblase eine Zeitlang boomten. Die Argumente der Bullen lauteten schon 1998: Amazon verdient zwar heute kein Geld, aber wenn sie erst mal den ganzen Online-Markt erobert haben, dann werden die Aktionäre belohnt. Heute, 25 Jahre später, hat Amazon tatsächlich einen Grossteil des Online-Markts erobert – und verbrennt immer noch Cash. Die Kosten sind mit den Umsätzen gewachsen und das alte Dilemma von 1998 besteht weiterhin: Hört Amazon je auf, seine Kunden mit tiefen Versandkosten und Produktpreisen zu subventionieren, suchen sie sich eine andere Shopping-Seite. Um zu mehr Geld zu kommen, verkauft Amazon zudem immer mehr Werbung an die Drittanbieter von Produkten auf der Plattform. Ein kurzsichtiger Zug, da die Amazon-Nutzer nun nicht mehr die besten Treffer für ihre Suchen präsentiert bekommen, sondern diejenigen der zahlungswilligsten Anbieter. Heute nutze ich die Website nicht mehr. Die Aktie ist mir immer noch ein Gräuel und ihre Bewertung ein reiner Fankult: Amazon fährt einen seit Jahren stagnierenden operativen Cashflow von rund 40 Milliarden Dollar ein und verbrennt netto 20 Milliarden Cash im Jahr. Ihr Börsenwert beträgt 1000 Milliarden. Zum Vergleich: Shell bringt 65 Milliarden operativen Cashflow ein und es bleiben davon 40 Milliarden in der Kasse hängen. Der Öltitel wird jedoch nur zu läppischen 200 Milliarden Dollar Marktwert gehandelt. Peter Frech


Grundsätzlich müssen Rentnerinnen und Rentner die Rundfunkgebühren bezahlen. Nur weil sie Rente erhalten, sind sie nicht automatisch von der Beitragspflicht befreit. Interessant wird es für Sie, wenn Sie zusätzlich zu Ihrer Rente auch noch Sozialleistungen empfangen. Dann können Sie eine Befreiung von der Beitragspflicht beantragen.


Dabei gilt laut ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice, dass Sie eine der folgenden Leistungen empfangen müssen, um sich von den Rundfunkgebühren befreien lassen zu können:

  • Bürgergeld einschließlich Leistungen nach § 22 Sozialgesetzbuch -> Befreiungsgrund 403 b

  • Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII (3. Kapitel) sowie nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) (§§ 27a oder 27d) -> Befreiungsgrund 401

  • Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (4. Kapitel SGB XII) -> Befreiungsgrund 402

  • Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG), Berufsausbildungsbeihilfe, Ausbildungsgeld nach §§ 122ff. SGB III, wenn die Empfänger nicht bei den Eltern wohnen -> Befreiungsgründe 405 a, b, c

  • Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz -> Befreiungsgrund 404

  • Blindenhilfe (§ 72 SGB XII sowie nach § 27d BVG) -> Befreiungsgrund 410

  • Pflegegeld nach landesgesetzlichen Vorschriften -> Befreiungsgrund 407

  • Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII (7. Kapitel) oder Hilfe zur Pflege als Leistung der Kriegsopferfürsorge nach dem BVG -> Befreiungsgrund 407

  • Pflegezulagen nach dem Lastenausgleichsgesetz (LAG) (§ 267 Abs. 1) -> Befreiungsgrund 408

oder Sie zu den folgenden Personen gehören:

  • Personen, denen wegen Pflegebedürftigkeit ein Freibetrag zuerkannt wird (§ 267 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe c LAG) -> Befreiungsgrund 408

  • Volljährige, die im Rahmen einer Leistungsgewährung in einer stationären Einrichtung leben (§ 45 SGB VIII) -> Befreiungsgrund 409 Franziska Baum



Die spanische Wettbewerbsbehörde hat mittels dem Beschluss vom 10.11.2022 („Beschluss“) eine Geldstrafe i.H.v. 10,25 Millionen Euro gegen das Pharmaunternehmen LEDIANT wegen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung verhängt und eine Reihe von zusätzlichen Verpflichtungen auferlegt. Carlos Vérgez, Eduardo Crespo, Begoña Albéniz



Suche nach dem Whistleblower


Autokraten, Despoten, Drogenhändler, Terrorfinanzierer, Geldwäscher oder Menschenhändler - es gibt eine ganze Reihe von Leuten, die kein Interesse daran haben, ihren Reichtum zu begründen oder Strafverfolgungsbehörden Einblicke zu gewähren, wo ihr Geld angelegt ist. Solche Personen, das legte vor gut einem Jahr die internationale Recherche "Suisse Secrets" nahe, gehörten offenbar über Jahrzehnte zu den Kunden der Schweizer Großbank Credit Suisse. Nun hat die Schweizer Bundesanwaltschaft Medienberichten zufolge Ermittlungen aufgenommen - aber nicht gegen die Bank, die solches Geld verwaltet haben soll, sondern gegen die unbekannte Person, deren Daten die weltweiten Schlagzeilen ausgelöst haben.


Nun hat die Bundesanwaltschaft laut dem Züricher Tagesanzeiger bestätigt, ein Ermittlungsverfahren gegen den unbekannten Whistleblower eingeleitet zu haben. Der Vorwurf: Verletzung des Bank- und Geschäftsgeheimnisses sowie "wirtschaftlicher Nachrichtendienst", das heißt, geheime Informationen seien Dritten zugänglich gemacht worden. Ralf Wiegand


Drehscheibe für Spione

Und noch immer scheint Wien ein Paradies für russische Spione zu sein. Natürlich wird dies auch durch den Drehbuchklassiker von Graham Greene „Der dritte Mann“ befeuert. Die „Financial Times“ etwa schätzt die Donaumetropole als „Flugzeugträger“ für geheime russische Operationen in Europa ein.


Kaum eine westliche Hauptstadt sei so von russischen Geheimdienstleuten infiltriert wie Wien, heißt es in Diplomatenkreisen. Demnach sitzt jeder vierte in Europa aktive russische Spion in Österreich. Nach der Zwangsausweisung von mehr als 400 russischen Diplomaten aus der EU habe Wien sogar an Bedeutung gewonnen, heißt es. Um mit Rücksicht auf die anhaltenden wirtschaftlichen Verflechtungen Russland nicht vor den Kopf zu stoßen, schickte Österreich nicht einmal eine Handvoll Diplomaten zurück. Da mögen die Verbindungen des offenbar nach Russland geflüchteten Wirecard-Vorstands Jan Marsalek zum Wiener Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) bloß eine Fußnote in dem besonderen Verhältnis zwischen Wien und Moskau hergeben. Michaela Seiser



Erstmals gehen in diesem Jahr mehr Menschen in Rente als volljährig werden. Damit stehen wir an einem echten Wendepunkt. Unsere Gesellschaft wird immer älter. Das, was für die meisten von uns ein Grund zur Freude ist, weil wir vermutlich länger leben dürfen als unsere Großeltern und Eltern, ist für das deutsche Rentensystem eine Katastrophe. Denn der Generationenvertrag funktioniert nicht mehr.


Das war lange abzusehen – wir wissen seit Jahren, seit Jahrzehnten, dass wir auf ein gewaltiges Rentenproblem zusteuern. Die bisherige Strategie des Wegduckens und Vertagens auf später bei den verantwortlichen Politikerinnen und Politikern reicht nun endgültig nicht mehr. Denn die Altenrepublik ist Realität geworden, in einigen Landkreisen wird es mehr Menschen mit Pflegestufe geben als Menschen unter 30.


An der Zahl der Rentnerinnen und Rentner lässt sich aber nun mal nichts ändern, auch nicht an der Zahl derer, die in absehbarer Zeit in Rente gehen werden. Was wir alle aber sehr wohl beeinflussen können, ist, wie viele Beitragszahlende es in Zukunft geben wird. Wir brauchen mehr Kinder, wir müssen uns als Land verjüngen, nicht nur, aber auch weil die Kinder von heute die Rentenzahlenden von morgen sind. Karl Matthäus Schmidt



Der ehemalige Berliner Politiker Marcel Luthe hat gegen Bundesaußenministerin Annalena Baerbock Strafanzeige beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe gestellt. Er beruft sich bei seiner Anzeige auf Paragraf 13 des Völkerstrafgesetzbuches. Dieser Paragraf stellt das Führen eines Angriffskriegs unter Strafe. Baerbock hatte vergangene Woche bei der Parlamentarischen Versammlung des Europarats in Straßburg gesagt: „Wir kämpfen einen Krieg gegen Russland und nicht gegeneinander.“ Was von Baerbock offenbar als Aufforderung zum Zusammenhalt an die Adresse der anderen EU-Staaten gemeint war, verstanden so manche als Kriegserklärung. Er weist in seiner Strafanzeige darauf hin, dass Russland Deutschland nicht angegriffen habe. Deutschland sei zudem weder Bündnispartner Russlands noch der Ukraine. Baerbocks Aussage, man führe einen Krieg gegen Russland, sei demzufolge strafbar. Sie könne mit ihrer Aussage nur einen strafbaren Angriffskrieg meinen, argumentiert Marcel Luthe.



CLOSING BELL


Die Pläne der EU-Kommission, Provisionen für Finanzberater zu verbieten, wecken immer mehr Kritik. „Nach Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ist dessen österreichischer Kollege Magnus Brunner aus der Deckung gekommen: In einem Brief an EU-Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness, der der Börsen-Zeitung vorliegt, spricht Brunner sich wie Lindner gegen ein Provisionsverbot aus“, berichtet unser Brüssel-Korrespondent Stefan Reccius. „In der EU-Kommission wiederum scheint es dem Vernehmen nach nicht ausgemacht zu sein, ob die Behörde im Frühjahr tatsächlich ein flächendeckendes Verbot vorschlagen wird.“ Branchenvertreter in Brüssel schöpften daher Hoffnung, weil die Linie der EU-Kommission wohl nicht so klar ist, wie es McGuinness’ entschiedenes Eintreten für ein Provisionsverbot vermuten lässt, schreibt Reccius. Eine Vielzahl deutscher und europäischer Finanzverbände mache dagegen mobil – sowohl in ihren nationalen Hauptstädten als auch in Brüssel. „Ihnen gegenüber stehen Verbraucherschützer, die über versteckte Gebühren im Provisionsgeschäft klagen.“ In seinem Bericht erläutert Reccius, mit welchen Argumenten die Kritiker gegen ein Provisionsverbot zu Felde ziehen – und warum bislang nicht absehbar ist, wie die Debatte am Ende ausgehen wird. Lutz Knappmann


Wir brauchen mehr Putin-Versteher


Nach meinem Auftritt in der letzten Sendung ZDF-Sendung „Maybrit Illner“ über den Ukraine-Krieg haben mir viele Zuschauer vorgeworfen, ich sei ein „Putin-Versteher“. Sie haben recht. Wenn wir mit Putin wieder klar kommen wollen, müssen wir ihn besser verstehen als zur Zeit, in der wir ihn dämonisieren oder verharmlosen.


Putin-Versteher ist in weiten Kreisen in Deutschland ein Schimpfwort geworden. Das sagt viel über uns und wenig über Putin. Für mich ist Putin-Versteher gerade nicht „Putin-Bewunderer“, sondern der Versuch, auch mit Putin so rasch wie möglich zu einem Ende des Kriegs zu kommen, damit das unermessliche Leid dieses Krieges beendet wird. Wenn ich das wirklich will, dann muss ich ihn zuerst verstehen. Das ist nicht anders bei unseren Konflikten im Privatleben. Wir werden wohl noch lange Zeit keinen anderen Gegner oder Feind am Verhandlungstisch haben können. Wer sagt „Mit Putin kann man nicht reden“, der darf sich nicht wundern, wenn immer noch kein Dialog zustande kommt.


Was heißt eigentlich Putin-Versteher?

Russlands Präsident führt einen verbrecherischen, völkerrechtswidrigen, blutigen und grausamen Krieg gegen 45 Millionen Menschen in der Ukraine. In dieser Situation muss die Ukraine humanitär, wirtschaftlich, aber auch militärisch unterstützt werden und von außen Hilfe bekommen. Auch Pazifisten dürfen sich nicht hinter ihrem alten Slogan „Frieden schaffen ohne Waffen“ verstecken. Wer jetzt den Ukrainern empfiehlt, „Frieden schaffen ohne Waffen“, handelt zynisch. Das ist unterlassene Hilfeleistung. Auch die Friedensbewegung muss in dieser Situation umdenken und ihren Appell „Stoppt den Krieg“ an die richtige Adresse richten, nämlich an den Aggressor in Moskau.


Das ist schmerzlicher Real-Pazifismus im Gegensatz zum Fundamental-Pazifismus. Fundamental-Pazifismus heute ist ein Pazifismus im Sinne des Aggressors. Diese Unterscheidung machte schon der große Pazifist Albert Einstein, der zwischen verantwortungslosem und verantwortlichem Pazifismus unterschied. Ähnlich argumentiere auch die echte Pazifistin Berta von Suttner. Sie sagte: „Jedes Volk hat selbstverständlich das Recht zur Selbstverteidigung.“


Wer eine Alternative hat, die das Leid der Ukrainer schneller und effektiver beenden helfen kann, möge sich melden. Dass Frieden auch in schwierigen Zeiten möglich ist, hat der Russe Gorbatschow vorgemacht. Jetzt der Westen dran. Franz Alt



Könnte der Grund sein:


  • weil es für die Interessen der amerikanischen Waffen­industrie besser ist, wenn europäische Waffen zu Schrott gemacht werden. Dann lässt sich mit dem Verkauf amerikanischer Waffen an Europa doch gute Ge­schäfte machen.

  • Und was würde die Welt von den amerikanischen Waffen denken, wenn diese der russischen Kriegstechnik unterliegen? Nein, Propaganda ge­gen amerikanische und für russische Waffen will die amerikanische Waffenin­dustrie sicher nicht machen.

  • Aber warum sollen ausgerechnet die Schweiz und Deutschland gegen ein Land in den Krieg ziehen, das ihnen nichts getan hat und dies erst noch für ein Land, das uns u.a. mit der Sprengung der Gaspipelines ge­hörig bekriegt?

  • Für die USA ist es jedenfalls besser, wenn die Schweiz und Deutsch­land gegen Russland in den Krieg ziehen. So wird sichergestellt, dass jede An­näherung der Schweiz und von Deutschland an Russland be­reits im Keim für Generationen er­stickt wird. Eine Annäherung von Deutschland, Russland und China (Seidenstrasse), welche die Vorherrschaft der See­mächte England uns USA aus­hebeln würde, ist für die USA ohnehin das Schreckgespenst Nr. EINS.

  • Und zu guter Letzt böte eine am Boden zerstörte europäische Bewaff­nung die Möglichkeit, den USA zu erlauben, Europa endgültig als Konkur­renten zu zerstören und für sich einzunehmen.


Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist eine der widersprüchlichsten Persönlichkeiten der Gegenwart. Diese Feststellung, und das nur zur eingehenden Klarstellung, hat nichts mit einer eventuellen Ukraine-Feindlichkeit oder Russland-Freundlichkeit zu tun. Sie soll vielmehr nur Licht in ein Dunkel bringen, in dem sich auch auf Westeuropa lauernde Kriegsgefahren verbergen. Bevor es zum „großen Knall“ kommen sollte, den die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) schon einmal unbedacht herbeizuplappern drohte („Deutschland befindet sich im Krieg mit Russland“), sollten sich alle Verantwortlichen – und deren Wähler – noch einmal über die folgenden Punkte Gedanken machen.


Vielleicht, das ist der erste denkbare Einwand, will Selenskyj zu viel und dies viel zu schnell. Kaum war der Beschluß zur Kampfpanzerlieferung durch den Westen gefallen, kamen er und Vizeaußenminister Andrij Melnyk auf Kampfjets, Langstreckenraketen und (deutsche) U-Boote zu sprechen. Auf viele Deutsche machte und macht dies inzwischen nicht nur einen undankbaren Eindruck, sondern deutet für manche Beobachter auch auf eine gewisse Unseriosität hin.


Manche fragen sich auch, warum Selenskyj Friedensverhandlungen zum jetzigen Zeitpunkt so kategorisch ablehnt. Mit dem Gegner zu sprechen bedeutet schließlich nicht, sich diesem bedingungslos auszuliefern. Statt dessen scheint in Kiew die Hoffnung vorzuherrschen, mit immer mehr Militär und immer mehr Rüstungsgütern die eigene Ausgangslage für eines Tages unweigerlich anstehende Gespräche zu verbessern. Man ignoriert dabei, daß diese Taktik bereits in vielen Fällen bitter fehlgeschlagen ist.


Andere Beobachter kritisieren, daß bei Selenskyj und seiner Regierung viel zu viel inszeniert wird. Tatsächlich kann dies nicht verwundern. War Selenskyj doch vor seiner politischen Karriere Schauspieler und Komiker, der bereits 2003 eine recht erfolgreiche Produktionsfirma namens „Studio Kwartal 95“ gründete. Freunde aus diesem Umfeld besetzen heute so manche Schlüsselposition in der Regierung, was die in dieser Hinsicht gewiß unverdächtige „Neue Zürcher Zeitung“ zu folgenden Zeilen veranlasste: „Die Präsidialverwaltung (der Ukraine, die Red.) ist durchsetzt mit ehemaligen Werbern und Drehbuchautoren. Wenn sie eines können, so ist es dies: die effektvolle Inszenierung eines Kriegspräsidenten.“


Derweil blühen auch unter Selenskyjs Augen Korruption und Vetternwirtschaft. Selenskyjs Wahlkampfversprechen, diese Spätfolgen der Wendezeit entschieden zu bekämpfen, wurde bisher jedenfalls nicht eingelöst. Im Gegenteil – nach entsprechenden Medienrecherchen mußten allein aus dem engsten Präsidenten-Umfeld nicht weniger als neun hochrangige Mitglieder der ukrainischen Führungselite jetzt ihren Hut nehmen, weil sie der Korruption verdächtig sind. Selenskyj hat sie im übrigen nicht aus freien Stücken entlassen. Er war vielmehr dazu gezwungen, nachdem die entsprechenden Verdachtsfälle von den Medien aufgedeckt worden waren.


Und schließlich scheinen sich Selenskyjs Ambitionen inzwischen nicht nur auf die Befreiung der Ukraine zu erstrecken (wogegen ein einigermaßen gerecht denkender Beobachter wohl kaum etwas einzuwenden hätte), sondern auf die kompromisslose Bekämpfung alles Russischen. Russischen Sportlern soll schon jetzt die Teilnahme an der nächsten Olympiade verboten werden, die Bücher russischer Autoren sollen geächtet werden und Kompositionen des vor 130 Jahren verstorbenen Pjotr Iljitsch Tschaikowski sollen im Westen nicht mehr aufgeführt werden. Es wäre ein regelrechter Kulturkampf, der bei manchen Selenskyj-Wählern wohl ankommt, aber in den meisten westeuropäischen Ohren sehr befremdlich klingt.


Dies mag auch für die meisten Deutschen gelten, die gegenüber der Ukraine wohl eine große Hilfsbereitschaft zeigen, aber keinerlei Kriegsbereitschaft. Daß der Weg zum Frieden vielleicht auch einen Umweg über die Lieferung von Panzern etc. nehmen muß, werden die meisten von ihnen wahrscheinlich noch zähneknirschend in Kauf nehmen. Doch wo wird die Grenze sein, von der Politik derzeit gerne als „rote Linie“ beschrieben? (tb)




Der Soli ist eine verkappte Reichensteuer


Die Abgabe ist so eine feine Sache: Sie bringt Milliarden und kaum einer regt sich mehr über sie auf. Doch auch wenn sie der Bundesfinanzhof "noch nicht verfassungswidrig" nennt: Die Regierung stiehlt sich hier aus der Affäre. Lisa Nienhaus


Wer in der falschen Gemeinde wohnt, kann seine Altersvorsorge verlieren


Vielerorts müssen Sozialhilfebeziehende ihr Pensionskassengeld an die Gemeinde abtreten. Die Praxis kann eine völlig andere sein, je nach Ort – oder zuständiger Person auf dem Amt.


Es geht um Geld aus der beruflichen Vorsorge, das für den Lebensunterhalt im Alter vorgesehen war. Die Gemeinde will es mit Sozialhilfeleistungen verrechnen. Wie Franziska Müller als Rentnerin ihren Lebensunterhalt finanziert, ist der Gemeinde egal. Inzwischen geht sie mit Unterstützung der Unabhängigen Fachstelle für Sozialhilferecht (UFS) rechtlich gegen die Gemeinde vor.


Diese Praxis ist keine Ausnahme, sondern vielerorts üblich. Der Grund dafür ist, dass die Sozialhilfe in der Schweiz als Schuld betrachtet wird. Deshalb hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) das Schweizer System auch schon als nicht zeitgemäss kritisiert («archaic features»). Denn viele europäische Länder handhaben das anders. So muss etwa in Deutschland die Sozialhilfe nicht zurückerstattet werden.


Bemerkenswert ist zudem, dass es von Kanton zu Kanton und sogar von Gemeinde zu Gemeinde grosse Unterschiede gibt. Das hat auch Franziska Müller erlebt: Nach ihrem Umzug kam es zu einer Kehrtwende: «Die neue Wohngemeinde hat mich viel freundlicher behandelt.» Und der zuständige Sozialarbeiter verzichtete am Ende darauf, das Vorsorgeguthaben einzuziehen. Für Sozialhilfebezüger ist es also je nach Wohnort Glückssache, ob sie ihre Guthaben aus der zweiten Säule zur Sicherung ihrer Altersrente verwenden dürfen oder nicht. Bernhard Kislig



Fossile und atomare Rohstoffe finanzieren Unrechtsregime


Viele Unrechtsregime finanzieren ihre Kriegs- und Terroraktivitäten mit den Einnahmen aus fossilen und atomaren Rohstoffen und deren Technologien: Russland, Iran, Irak, Syrien, Venezuela, Saudi-Arabien und andere Golfstaaten, insbesondere Katar. Auch Bürgerkriege werden um den Zugang zu fossilen und atomaren Lagerstätten geführt und mit den Einnahmen aus Rohstoffquellen finanziert, etwa im Sudan, in Nigeria oder in Kolumbien.


Weltweit wird der Lebensraum indigener Gruppen durch die Förderung von Uran, Kohle, Öl und Gas und die Errichtung fossiler Infrastrukturen wie Pipelines zerstört: bei den Aborigines in Australien, den Ureinwohnern Nordamerikas und Kolumbiens, indigenen Völkern in Nordafrika oder den Sorben in Deutschland. Auch bei Infrastrukturprojekten für fossile Brennstoffe in Kanada und den USA kam es zu gewaltsamen Übergriffen auf die Territorien indigener Völker. Diese Konflikte tragen nicht nur zu Gewalt bei, sondern auch zum Verlust intakter Bioregionen, was die Todesspirale aus Klimawandel, Verlust der biologischen Vielfalt und Verknappung der natürlichen Ressourcen als Ursache für gewaltsame Konflikte weiter antreibt.


Die Energierevolution ist Friedenssicherung


Die Umstellung auf 100 % Erneuerbare Energien ist nichts anders als eine solche Technikrevolution, die, wenn sie nicht von den fossilen und atomaren Energieinteresse wie in den letzten 30 Jahren behindert wird, in ähnlicher Geschwindigkeit wie andere Technologien vollständig umgesetzt werden kann. Die weltweit führenden Forscher:innen haben längst aufgezeigt, dass es technologisch und wirtschaftlich möglich ist, global bis 2035 in allen Energiesektoren auf 100 % Erneuerbare Energien umzustellen.


Die einzig notwendige Bedingung dafür ist der klare politische Wille aller beteiligten internationalen und nationalen Entscheidungsträger:innen, der regionalen, kommunalen Regierungen und Bürgermeister:innen.


Die friedenspolitisch wichtigste Maßnahme – die Umstellung auf 100 % Erneuerbare Energien – ist machbar, ökonomisch vorteilhaft und kann in 10 Jahren eine jahrzehntelange Ära der Kriege um fossile und atomare Energien beenden.


Darum sollte die UN diese Maßnahme in den Mittelpunkt ihrer Friedensoffensive stellen.


Wann essen wir das letzte Steak? Jetzt kommt das Fleischverbot!


Die Verbotskultur kennt keine Grenzen mehr. Selbst vor den Essgewohnheiten der Menschen macht der linke Kontroll- und Machtwahn keinen Halt. Jetzt ist der Fleischkonsum auf der linken Verbotsagenda ganz nach oben gerückt. Entsprechende Kampagnen auf politischer, medialer und zivilgesellschaftlicher Ebene werden aktuell intensiviert.


Im niederländischen Haarlem gilt ab 2024 ein Werbeverbot für Fleisch. Wurst, Burger und andere Fleischwaren dürfen künftig nicht mehr auf öffentlichen Bildschirmen, auf Bussen und an Wartehäuschen ausgestrahlt beziehungsweise abgebildet werden. Damit will Haarlem der europäische Vorreiter im Kampf gegen den Fleischkonsum sein.


Wie bei allen linken Kern- und Zukunftsthemen werden auch hier demokratische Entscheidungsprozesse umgangen. Wenn es wichtig ist, entscheidet das politische Establishment allein, ohne die Bürger zu befragen. Das war und ist bei der Zuwanderung, der Energiewende oder dem Bargeldverbot so. Wie die Bürger zu einem Fleischverbot stehen, interessiert die selbsternannten Weltretter und Gesellschaftsingenieure nicht. Deshalb werden schon bald Fleischesser auf einer Stufe mit Schwurblern, Coronaleugnern, Reichsbürgern und anderen Staatsfeinden stehen.


Eine Alternative zum Fleisch haben EU, UNO und Linke bereits: Insekten. Die EU hat im vergangenen Jahr nach dem gelben Mehlwurm und der Wanderheuschrecke nun auch die Hausgrille als Lebensmittel zugelassen. Die pulverisierten Insekten dürfen allen Lebensmitteln beigemengt werden. Vonseiten der EU sowie der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen heißt es dazu: Insekten seien eine »nahrhafte und gesunde Nahrungsquelle mit hohem Fett-, Protein-, Vitamin-, Ballaststoff- und Mineralstoffgehalt«. Werner Reichel

Guthaben-Vergütung bei Wise: Cashback in mehreren Währungen


Auf einen Blick


  • Wise ist eine Online-Plattform, mit der Sie Überweisungen ins Ausland tätigen können, ohne hohe Gebühren zu bezahlen.

  • Auf Guthaben in verschiedenen Währungen erhalten Sie ab sofort Zinsen.

  • Ab wann Sie das Guthaben bekommen und für welche Währungen das Cashback-Programm gilt, erfahren Sie in diesem Artikel.


Das erwartet Sie in diesem Artikel


  • Ersparnisse mit Wise aufbauen

  • Variable Cashback-Sätze

  • Wer erhält kein Cashback

  • Müssen Sie für das Cashback Steuern zahlen?


Wise (ehemals TransferWise) ist ein Anbieter von Multi-Währungs-Konten. Sie können die Online-Plattform nutzen, um Geld in einer anderen Währung kostengünstig ins Ausland zu überweisen. Dabei sind Sie unabhängig vom Standort. Aufgrund bestimmter Transfer-Wege im Hintergrund sparen Sie mit Wise die hohen Gebühren für Auslandsüberweisungen. Mit einer geringen Gebühr, die Wise auf jede Transaktion erhebt, erwirtschaftet das Unternehmen Gewinn.


Jetzt möchte Wise seinen Kundinnen und Kunden etwas zurückgeben. Das Unternehmen führt das Guthaben-Cashback ein. Damit bekommen Sie eine monatliche Vergütung auf das Guthaben auf Ihrem Konto. Das Angebot gilt sowohl für Privat- als auch für Geschäftskunden im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR).


Ersparnisse mit Wise aufbauen


Während bei Tagesgeld und Festgeld die Zinsen immer weiter steigen, bietet Wise seinen Kundinnen und Kunden mit dem Guthaben-Cashback ebenfalls die Möglichkeit, Ersparnisse aufzubauen. Die Vergütung bekommen Sie für Geld, das Sie in Euro, britischen Pfund oder US-Dollar auf Ihrem Wise-Konto haben. Mit der neuen Cashback-Funktion lässt Wise seine Kundschaft aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) am eigenen Ertrag teilhaben.


Variable Cashback-Sätze


Hatten Sie im Dezember 2022 Geld in der entsprechenden Währung auf Ihrem Konto, so zahlte Wise Ihnen einen jährlichen Cashback-Satz. Dieser war wie folgt festgelegt:

  • 0,65 % für Euro

  • 1,25 % für britische Pfund

  • 1,50 % für US-Dollar

Wenn Sie beispielsweise im Dezember 2.000 Euro auf Ihrem Konto hatten, bekamen Sie Ende Dezember 0,76 Eurocent. Davon sind bereits 30 Prozent Quellensteuer abgezogen. Diese muss Wise in Belgien entrichten.

Wise zahlt das Cashback, sofern sich aus dem Kontoguthaben eine monatliche Vergütung von mindestens 0,10 Euro, britische Pfund oder US-Dollar ergibt. Das heißt, das Mindestguthaben, um von der Cashback-Funktion zu profitieren, variiert zwischen den Währungen.


Nilan Peiris, Chief Product Officer bei Wise, meint zu der Cashback-Funktion:


„Mit Wise machen wir das internationale Finanzwesen fairer und transparenter. Deswegen ist es für uns wichtig, einen Teil der zusätzlichen Einnahmen durch das sich veränderte Zinsumfeld mit unseren Kundinnen und Kunden zu teilen. Das Wise-Konto ist jetzt die einfachste Möglichkeit für Privatkundinnen und -kunden und Unternehmen in Europa, mit nur einem Konto in mehreren Währungen eine Vergütung zu erzielen.”


Die Höhe der Zinsen, welche Sie auf Ihr Guthaben erhalten, ist abhängig von der Höhe des Guthabens, welches auf Ihrem Konto liegt. Ebenfalls einen Einfluss auf den Cashback-Satz haben die Kosten, um die Kundeneinlagen sicher aufzubewahren.


Wer erhält kein Cashback


Normalerweise erhalten alle Kundinnen und Kunden, die im Europäischen Wirtschaftsraum wohnen und einen positiven Kontostand in Euro, britischen Pfund oder US-Dollar haben, die weitergereichten Zinsen.


Kein Cashback bekommen Sie, wenn…

  • Sie außerhalb des EWR wohnen.

  • keine EUR, GBP oder USD auf Ihrem Konto liegen.

  • Sie Geld über das Assets-Feature in Aktien investierten.

  • Ihr Konto gesperrt oder deaktiviert wurde.

  • Ihr Guthaben negativ ist.

  • der vorsteuerliche Cashback-Betrag weniger als 0,10 Einheiten einer zulässigen Währung beträgt.

  • Sie sich vom Guthaben-Cashback-Programm abgemeldet haben.

  • Wise der Ansicht ist, dass Sie die Kundenvereinbarung verletzt haben.

Franziska Baum


Zusatzinformation von Hans-Peter Holbach: Erhalten Sie eine gebührenfreie Überweisung von bis zu 500 GBP geschenkt.




Wie können die USA so einfach Dollarguthaben beschlagnahmen und warum sind die Russen so „dumm“, sie bei US-Banken zu halten? Die Antwort: Egal wo auf der Welt ein Kunde ein Dollarkonto besitzt, die Bank muss immer über ihre Auslandsfiliale oder über ihre Korrespondenzbank ein entsprechendes Dollarguthaben bei der US-Zentralbank Fed oder einer anderen US-amerikanischen Bank unterhalten.


So haben die USA Transaktionen in ihrer eigenen Währung, die zugleich internationale Leitwährung ist, weltweit im Griff. Und das hat Folgen: Die ganze Welt gibt den USA auf diese Weise Tag für Tag zwangsweise einen Kredit zu Minizinsen. Schon der frühere französische Präsident Giscard d’Estaing beklagte sich über dieses „exorbitante Privileg“, durch das den USA laut Studien volkswirtschaftliche Gewinne von rund drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts entstehen. Woran werden also der russische Staatschef Wladimir Putin und Chinas Staatschef Xi Jinping im Jahr 2023 naheliegenderweise arbeiten? Den Dollar als alleinige Leitwährung abzuschaffen.


Die Vormacht des Dollar begründet sich im Öl: Nur mit US-Dollar kann man bei den OPEC-Staaten Öl kaufen, das haben die USA nach dem Zweiten Weltkrieg durchgesetzt und seitdem massiv verteidigt. Stichwort Petrodollar. Nun berichtet die „Financial Times“ von einer Warnung der Schweizer Großbank Credit Suisse. Das im Dezember stattgefundene Treffen um Xi Jinping mit den Mitgliedsländern des Kooperationsrats der Arabischen Staaten des Golfs markiert die Geburtsstunde des „Petroyuans“. Xi bestätigte danach, dass Peking bereit sei, mit den Mitgliedsstaaten Energieeinkäufe in Yuan statt in Dollar zu tätigen. Die Mitglieder der BRIC-Allianz stünden ebenfalls hinter dem Vorhaben, den Öl- und Gashandel zu entdollarisieren, so die Credit Suisse. Auch die dänische Saxo Bank hält dies für wahrscheinlich. Welche wirtschaftlichen Konsequenzen das hat, ist im Einzelnen noch nicht abzusehen. Nur eines dürfte feststehen: Gold wird als Hort der Stabilität an Bedeutung gewinnen. Zum einen investieren die Notenbanken seit der Finanzkrise selbst wieder massiv in Gold. Zum anderen ist ein niedriger Dollarkurs per se immer förderlich für den Preis des gelben Metalls. Frank Pöpsel

Arye Shalicar über Krieg in Europa: „Alles, was vorher geschwelt hat, ist in Brand geraten“


Arye Shalicar ist nachdenklich und konzentriert. Es ist zu spüren: Das aktuelle Zeitgeschehen wühlt ihn auf. Als Mitarbeiter der israelischen Regierung und als ehemaliger Armeesprecher hat er einen klaren Blick auf Machtpolitik. Shalicar ist im Wedding aufgewachsen, er war Teil von Migranten-Gangs. Er weiß, wie Kriege die Menschen verändern. Wir erreichen ihn telefonisch in Jerusalem.


Berliner Zeitung: Herr Shalicar, Sie beschäftigen sich gerade sehr stark mit der ukrainischen Stadt Cherson. Warum?

Arye Shalicar: Es ist die Stadt, die in dem Krieg am meisten für Aufsehen gesorgt hat. Cherson ist ein Spiegelbild der großen Lage: Einmal gehörte es den Ukrainern, dann den Russen. Und dann wieder den Ukrainern. Es ging hin und her. Mein Schwiegervater hat bis zum vergangenen November in Cherson gelebt. Er hat mir jeden Tag vom Krieg berichtet. Ich habe so erfahren, was der Krieg dort für die Menschen bedeutet. Nicht aus den Medien, sondern von jemandem, der dort lebt. Seine Erfahrungen und die von anderen Bekannten aus Cherson haben mein Buch mit dem Arbeitstitel „Tagebuch aus Cherson - Vom Leben und Überleben im Krieg“ wesentlich inspiriert.


Wo ist Ihr Schwiegervater jetzt?

Als Mitte November die ukrainische Kräfte vorstießen, entschloss er sich zur Flucht.


Wie ist er geflohen?

Er ist mit einem kleinen Boot über den Dnjepr geflohen, dann weiter in Richtung Krim, dann mit dem Bus nach Georgien und von dort weiter zu mir, nach Israel. Ich habe jetzt also einen Flüchtling zu Hause. Ich habe ihn am Flughafen abgeholt. Es war erschütternd. Er ist 73 Jahre alt und mit einem kleinen Boot über den Dnjepr gefahren. Ich werde seinen Anblick nie vergessen. Er hatte nichts außer einem kleinen Rucksack mit sich. Er hatte rote Augen vom Weinen und einen leeren Blick. Man kann sich das nicht vorstellen: Er hat alles hinter sich gelassen.


Warum musste er fliehen?

Man kann sich nicht vorstellen, in welcher Situation diese Menschen sind. Sie fragen sich: Bekomme ich etwas zu essen? Existiert der Supermarkt noch? Wie erfahre ich, was los ist, es gibt ja keine unabhängigen Medien. Wie lange funktioniert das Geldsystem? Wie komme ich an Medikamente? Was mache ich, wenn eine feindliche Patrouille auftaucht?


Wer ist wessen Feind?

Mit dem russischen Angriff vom Februar 2022 ist die Lage explodiert. Alles, was vorher geschwelt hat, ist in Brand geraten. Die Russen haben einen echten Krieg entfesselt. Du musst heute ganz klar bekennen, auf welcher Seite du stehst. Es gibt in der Ukraine den Nordwesten, dort ist nach 2014 ein neuer Nationalstolz entstanden, wegen des Dauerkonflikts. In der Gegend um Lwiw gab es seit langem viele patriotische Ukrainer, der Süden und der Osten sind russischsprachig. Dort gibt es auch noch eine ältere Generation, die denkt an die Sowjetunion.


Die junge Generation hat dagegen ein nationales ukrainisches Bewusstsein, auch in Cherson. Viele sprechen Russisch, leben in der Mitte der russischen Kultur. In den vergangenen Jahren sind die Nationalisten immer radikaler geworden. Es gab plötzlich auch die blau-gelbe Bewegung, die „Slava Ukraini!“ gebrüllt hat, auch in Cherson. Es entstanden Widerstandsgruppen gegen die russischen Eindringlinge, Behörden und Truppen. Als die Russen dann den Krieg vom Zaun gebrochen haben, verdächtigten die Ukrainer plötzlich viele, nicht „loyal“ zu sein.


Gerade bei Juden weckt der Vorwurf der mangelnden „Loyalität“ schlimme Erinnerungen. Ist der Antisemitismus in der Ukraine stärker geworden?

In der Ukraine existierten einmal sehr große jüdische Gemeinden, etwa in der Stadt Odessa. In der Zeit des Nationalsozialismus gab es Massenhinrichtungen durch ukrainische Nazis. Denken Sie an Babyn Yar. Die Juden in der Ukraine wissen, dass viele der damaligen Verbrecher heute Volkshelden in der Ukraine sind. Die Juden spielen heute in der Ukraine keine führende Rolle. Natürlich sind noch einzelne politisch engagiert, in Kiew, Dnjepro, Charkiw, Odessa. Aber immer wenn in der Geschichte irgendwo Nationalismus aufkam, gab es auch Angriffe gegen jene, die anders sind.


In Israel gibt es eine große ukrainische und eine große russische Gemeinde. Wie geht das?

Es gibt überhaupt keine Probleme zwischen den Gruppen. Sie leben friedlich zusammen. Sie definieren sich nicht über eine frühere Nation, sondern darüber, dass sie Juden und Israelis sind.


Israel hat sich den Sanktionen des Westens gegen Russland ausdrücklich nicht angeschlossen. Warum?

Israel hat die russische Invasion sofort scharf verurteilt. Die Solidarität mit der Ukraine ist in Israel sehr groß. Wir leisten sehr viel medizinische und humanitäre Hilfe, in Lwiw hat Israel kurz nach Ausbruch des Krieges ein Feldlazarett aufgebaut, um Menschenleben zu retten. Aber militärisch können wir weniger helfen, weil wir uns hier im Nahen Osten selbst tagtäglich verteidigen müssen und aufs Schlimmste vorbereitet sein müssen. Es gab einmal die Forderung, Israel solle den „Iron Dome“, also unsere Raketenabwehr, in die Ukraine verlagern. Israel hat aber nur einige wenige Abwehrsysteme, die gerade mal, wenn überhaupt, Israel vor Raketenterror beschützen können.


Ist einer der Gründe auch, dass Israel und Russland in Syrien zusammenarbeiten?

Es gibt ein rotes Telefon zwischen dem russischen Verteidigungsministerium und der israelischen Armee. Israel ist nicht wie Deutschland Mitglied eines internationalen Bündnisses, wie etwa der EU oder Nato. Selbst in der Uno werden wir eher attackiert, als dass wir mit Unterstützung rechnen könnten. Russland hat großen Einfluss in einem Land, das eine Grenze mit Israel hat. Russland hat seit 2015 die Schirmherrschaft über Syrien übernommen. Russland hat dort eine stabilisierende Funktion und ist der einzige Faktor, mit dem Israel über Umwege die Geschehnisse in Syrien im Notfall besprechen kann. Wir kämpfen in Syrien gegen die iranischen Revolutionsgarden, gegen die Hisbollah und gegen andere schiitische Milizen. Russland hätte die Macht, die israelischen Luftangriffe einzuschränken, die wir fliegen, um Raketenlieferungen und den Aufbau weiterer Terrorinfrastrukturen zu verhindern. Es wäre nicht im israelischen Interesse, sich mit Russland zu überwerfen.


Hat Russland den Terror, der von Syrien ausging, gestoppt?

Dank der russischen Schirmherrschaft wurden alle Terrororganisationen, die es dort gibt, davon abgehalten, in Richtung Israels aktiv zu werden. Wir befinden uns im Hinblick auf die Terrorgruppen in einer Kriegssituation, in der wir die Russen brauchen. Der Westen hat in Syrien leider versagt. Daher haben die Russen das Vakuum ausgefüllt und das Ruder übernommen. Natürlich wäre Israel der Einfluss des Westens, vor allem der Amerikaner, mehr als willkommen. Aber anders als die Polen fürchten wir nicht, dass die Russen bei uns einmarschieren. Die Polen haben diese Befürchtung schon vor zehn Jahren geäußert, ich weiß nicht, ob das nicht übertrieben ist. Aber die Polen tun alles, damit dieser Krieg nicht auf ihr Land übergreift. Daher schicken sie Waffen an die Ukraine.


Könnte Israel eine Vermittlerrolle übernehmen?

Ich glaube nicht, dass Putin jetzt einfach die Waffen niederlegt. Er wird die Ukraine unter keine Umständen dem Westen überlassen. Putin weiß, dass sich die Weltlage geändert hat. China spielt eine ganz andere Rolle. Die Russen verwenden auch iranische Drohnen in der Ukraine. Russland setzt seine Interessen mit Gewalt durch. Es geht um knallharte geopolitische Macht.


Welche Rolle spielt Deutschland in diesem Konflikt?

Deutschland ist mit sich selbst nicht im Reinen. Sie haben immer die Vergangenheit im Nacken. Da gibt es sicher noch den einen oder anderen, der prinzipiell gegen die Russen ist, weil die Russen im Zweiten Weltkrieg die Deutschen besiegt haben. Es gibt viele antirussische Ressentiments, vor allem in der älteren Generation, die eventuell einen Faden zur Vergangenheit haben. Aber es gibt in Deutschland auch einen Anti-Amerikanismus, weil die Amerikaner den Deutschen nach 1945 beigebracht haben, wie Demokratie geht. Zugleich ist Deutschland in einem Dilemma. Die Deutschen sagen: Nie wieder! Aber nie wieder was? Nie wieder Krieg? Dann dürfen wir uns nicht einmischen. Nie wieder Holocaust? Dann müssen wir gegen alles Menschverachtende vorgehen, gegen die Vertreibungen, die Verletzung der Menschenrechte. Ich möchte nicht in der Haut von deutschen Politikern stecken. Es ist viel einfacher, zu diesem Krieg Position zu beziehen, wenn Sie in China, Israel oder den USA sind.


Sie sind im Wedding aufgewachsen. Wie sehen Sie Deutschland heute?

Ich habe persönlich eine Hassliebe. Ich war als Migrant in Berlin, Sohn von iranischen Eltern, ein Berliner Junge. Ich habe mich, wie viele Migranten, nicht abgeholt gefühlt. Trotz des harten Antisemitismus von Seiten vieler Muslime, den ich erlebt habe, konnte ich mich in die Köpfe der Muslime reindenken und habe sie verstanden. Aber natürlich habe ich dann auch gesehen, dass viele Deutsche zu gutgläubig sind. Sie merken gar nicht, mit wem sie es bei den Migranten zu tun haben. Sie müssten das realistisch ansehen und ihre eigenen roten Linien definieren. Es gibt Gruppen bei den Migranten, die wollen einen Staat im Staat, die wollen ihre alte Kultur aufrechterhalten. Sie lehnen die Deutschen ab, die Schweinefleisch essen, in die gemischte Sauna gehen und an den FKK-Strand. Und dann kommen die Deutschen mit Gendern und Woke-Kultur und merken nicht, wie sie damit viele Migranten noch einmal diskriminieren. Einige Deutsche haben keine Grautöne: Sie sind entweder gegen alle Migranten oder für alle Migranten. Entweder sollen alle raus oder alle sind willkommen. Es braucht eine Differenzierung.


Wie wird, wie sollte Deutschland in Zukunft aussehen?

Deutschland hat zwei Herausforderungen: Sie haben den Krieg zwischen Russland und der Ukraine, also den Krieg hinter der zweiten Tür rechts – sehr nahe. Und dann haben sie die Veränderungen des Landes durch die Masseneinwanderung, die ja seit den 1990er-Jahren läuft. Das ist bloß zunächst nicht so aufgefallen, weil die Migranten in Ghettos waren. Wenn man in Charlottenburg lebte, hat man nichts gemerkt, in Kreuzberg schon. Ich besuche viele Schulen, kommende Woche bin ich in Sachsen. Im März werde ich in Baden-Württemberg sein. Deutschland muss seine roten Linien definieren, muss sagen, welche Regeln für alle gelten. Das mache alle anderen Länder auch so. Schauen Sie in die USA. Wer dort einwandert, muss sich an die Regeln halten. Und die Einwanderer machen das auch größtenteils, und sie sind am Ende stolz darauf, Amerikaner zu sein. Es gibt wenige Migranten, die sagen, ich bin stolz, Deutscher zu sein. Die Deutschen müssen aufhören, ständig zu sagen: Wir waren damals! Alle Länder haben ihr „Wir waren damals!“. Natürlich war der Nationalsozialismus historisch einmalig. Aber viele andere Staaten haben auch schwere Verbrechen begangen. Dazu wird übrigens in Deutschland auch die Migration beitragen, dass die Deutschen nämlich einmal sagen werden: Wir sind nicht mehr die, die wir einmal waren.


Also ein Prozess der Selbstfindung?

Die Deutschen sollten stolz darauf sein, was sie erreicht haben. Sie könnten zum Beispiel sagen: Wir sind stolz, dass man bei uns als Schwuler, Transgender und in allen anderen Formen frei leben kann, ohne diskriminiert zu werden. Deutschland hat das Recht, von allen zu verlangen, was man von sich selbst verlangt – auch von den Migranten. Dann sollten die Deutschen aufhören, jeden, der eine deutsche Flagge hisst, den politischen Islamismus kritisiert oder Antisemitismus aus dem „falschen politischen Spektrum“ beim Namen nennt, als Nazi zu beschimpfen. Der deutsche Selbsthass hilft keinem. Der Artikel erschien zuerst in der Berliner Zeitung, Autor: Michael Maier


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